Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit sind untrennbar mit dem Baukonzept Passivhaus verbunden. Doch was bedeutet das konkret? Ist die Installation einer Heizung bei diesem Gebäudetyp überhaupt noch notwendig? Welche Rolle spielt die Lüftungsanlage? Und wann genau erfüllt ein Haus den Energiestandard Passivhaus? Diesen Fragen wollen wir uns nachfolgend widmen.

Inhaltsübersicht:

 

Was ist ein Passivhaus? Energetisches Konzept & Anforderungen

Der Name des Energiestandards gibt bereits Aufschluss über sein Funktionsprinzip. Im Gegensatz zu anderen Gebäudetypen benötigt ein Passivhaus keine klassische Gebäudeheizung, sondern bedient sich „passiver“ Quellen, um den größten Teil des erforderlichen Wärmebedarfs zu decken. Dazu gehören beispielsweise die Sonneneinstrahlung sowie die Wärme, die von den Bewohnern und technischen Geräten im Haushalt abgegeben wird.

Dieses Prinzip funktioniert jedoch nur im Zusammenspiel mit:

  • einer sehr guten Wärmedämmung
  • einer ausreichenden Luftdichtheit des Gebäudes
  • passenden Fenstern
  • einer Reduzierung der Wärmebrücken auf ein Minimum
  • einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

 

Das Ergebnis ist ein Passivhaus mit einem äußerst behaglichen Wohnklima und einem sehr niedrigen Energieverbrauch.

 

Energetische Anforderungen an ein Passivhaus

Damit sich ein Gebäude mit dem Zertifikat Passivhaus schmücken darf, muss es bestimmte Kriterien erfüllen. Diese gibt das Passivhausinstitut Darmstadt vor. Wärmebedarf und Energieverbrauch eines Passivhauses dürfen bestimmte Werte nicht überschreiten.

 Kriterium  Höchstwert
 Heizwärmebedarf  ≤ 15 kWh/m² pro Jahr
 Heizlast  ≤ 10 W/m²
 U-Wert Außenbauteile  ≤ 0,15 W/m²
 U-Wert Fenster/Verglasungen  ≤ 0,8 W/m²
 Luftdichtheit  ≤ 0,6/h bei 50pa
 Primärenergiebedarf   ≤ 60 kWh/m²

 

Damit das Grundprinzip des Passivhauses funktioniert, sind weitere Maßnahmen erforderlich. Beispielsweise ist das Vorhandensein effizienter und stromsparender Geräte im Haushalt Voraussetzung. Eine kompakte Bauweise und die passive Nutzung von Solarenergie durch nach Süden ausgerichtete, nicht verschattete Fenster unterstützen die Wärmeerzeugung ohne Heizung zusätzlich. Weitere Merkmale eines Passivhauses sind der Einsatz von Wärmetauschern, um die Luft vorzuwärmen, sowie die Installation einer Wärmepumpe für die Warmwasseraufbereitung.

 

Behagliche Wohnräume ohne separate Heizung

Der große Vorteil von einem Passivhaus besteht darin, dass im Sommer wie im Winter ein rundum angenehmes Raumklima sowie konstante Innenraumtemperaturen herrschen – und zwar ohne separate Heizung oder Klimaanlage. Deshalb stellt sich die Frage: Kommt ein Passivhaus wirklich ganz ohne Heizung aus? Nicht ganz, der Restwärmebedarf ist jedoch so gering, dass kein konventionelles Heizsystem notwendig ist. Für die minimale Zulufterwärmung wird so wenig Energie benötigt, dass daraus ein extrem niedriger Verbrauch resultiert, der mit spürbaren Kosteneinsparungen einher geht und nicht zuletzt die Umwelt schont.

 

Die Wärmeversorgung in einem Passivhaus

Wie genau wird nun die Wärme in einem Passivhaus bereitgestellt, wenn keine klassische Heizung mehr vorhanden ist? Das gesamte Funktionsprinzip des Energiestandards basiert auf einer Kombination aus hohen Dämmwerten, speziellen Passivhaus-Fenstern, höchstmöglicher Wärmebrückenfreiheit, Luftdichtheit der Gebäudehülle und der Vermeidung von Lüftungswärmeverlusten mithilfe von sogenannten Wärmetauschern, die sich in der Lüftungsanlage befinden. Anstatt Wärme aktiv mit einer Heizungsanlage zu erzeugen, geht es in einem Passivhaus darum, die Wärme zu erhalten.

Doch woher kommt sie? Zum einen lassen Passivhaus-Fenster sehr viel Wärmeenergie der Sonne durch. Zum anderen wird die Abstrahlwärme von den Bewohnern selbst sowie die der elektronischen Haushaltsgeräte verwertet. Dank der hervorragenden gedämmten und luftdichten Gebäudehülle entweicht diese Energie nicht einfach, sondern wird während des Luftaustauschs durch die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung dafür genutzt, die Frischluft zu erwärmen.

 

Der Restwärmebedarf in einem Passivhaus

Die kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung reduziert den Heizwärmebedarf in einem Passivhaus im Vergleich zu einem durchschnittlichen Gebäude um bis zu 90 Prozent. Die verbleibenden 10 Prozent können mit jedem beliebigen Heizkonzept abgedeckt werden, u.a.:

  • Zuluftheizung mit elektrischem Heizregister
  • Elektrische Heizkörper
  • Holz- oder Pelletöfen
  • Thermische Solaranlage
  • Wärmepumpe
  • Nah- oder Fernwärme

Der Energiestandard Passivhaus schreibt weder einen bestimmten Energieträger noch eine gewisse Technik vor. Wie hoch der Restwärmebedarf ist, hängt nicht zuletzt von der Größe des Passivhauses sowie vom individuellen Wärmeempfinden und Lüftungsverhalten der Bewohner ab. Auch die Intensität der Sonneneinstrahlung spielt eine Rolle.

 

Die Warmwasseraufbereitung in einem Passivhaus

Die Wärme, die ein Passivhaus erzeugt, wird für die Beheizung der Räume, aber nicht für die Erwärmung von Trinkwasser eingesetzt. Die Energie für die Warmwasseraufbereitung muss deshalb auf einem anderen Weg zur Verfügung gestellt werden.

Mit einer thermischen Solaranlage auf dem Dach kann mit der Kraft der Sonne ein Großteil der erforderlichen Energie für die Warmwasseraufbereitung abgedeckt werden. Sogenannte Kompaktgeräte vereinen die zentrale Lüftungsanlage eines Passivhauses mit einer Brauchwasser-Wärmepumpe, sodass sie sowohl den Heizwärme- und Frischluft- als auch den Warmwasserbedarf decken. Weitere Möglichkeiten sind dezentrale, elektrische Durchlauferhitzer oder eine zentrale Brauchwassererwärmung.

 

Die Rolle der Lüftungsanlage in einem Passivhaus

Die Lüftungsanlage ist das Herzstück in einem Passivhaus. Ohne sie geht gar nichts, denn aufgrund der hohen wärmedämmenden und luftdichten Eigenschaften der Außenhülle des Gebäudes kann ohne Lüftungsanlage kein ausreichender Luftaustausch stattfinden. Außerdem ist sie die Grundlage für die Beheizung in einem Passivhaus.

 

Die Lüftungsanlage als Ersatz für die Heizung

Im Gegensatz zu einem Gebäude mit einer klassischen Heizung gibt es in einem Passivhaus keine Thermostate. Die Temperatur der Innenräume regelt die Lüftungsanlage. Bezeichnend für das Raumklima in einem Passivhaus sind gleichmäßige und konstante Temperaturen – das ganze Jahr über. Damit die Lüftungsanlage diese Aufgabe stemmen kann und möglichst geringe Lüftungswärmeverluste aufweist, muss es sich um eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung handeln. In ihr ist ein sogenannter Wärmetauscher integriert, der bis zu 95 Prozent Wärme aus der Abluft zieht, um diese für die Erwärmung der frischen Zuluft zu nutzen.

Die Lüftungsanlage in einem Passivhaus wird mit Strom betrieben. Moderne Geräte verbrauchen jedoch nicht viel Energie, sodass die Ausgaben im Vergleich zu den Energiekosten für eine konventionelle Heizung deutlich geringer sind.

 

Die Lüftungsanlage als Garant für eine gesunde Raumluft

Eine kontrollierte Wohnraumlüftung ist in einem luftdichten Gebäude unabdingbar. Sie transportiert die verbrauchte Luft, den Wasserdampf und überflüssige Feuchtigkeit nach draußen und sorgt für die Zufuhr von frischer, gesunder Luft. Denn herrscht dicke Luft in einem Raum, können Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall oder sogar ernsthafte Atemwegserkrankungen die Folge sein.

Je nach Lüftungsanlage wird die komplette Raumluft ein- bis viermal pro Stunde ausgetauscht. Neue Modelle arbeiten dabei nahezu geräuschlos. Im Gegensatz zur Fensterlüftung besteht bei der kontrollierten Wohnraumlüftung außerdem keine Gefahr, dass Pollen und Blütenstaub in die Wohnräume eindringen und Allergikern das Leben schwer machen können. Spezielle Filter erlauben sogar das Herausfiltern von Feinstaub sowie Schadstoffen und erhöhen die Luftqualität im Passivhaus zusätzlich.

 

Bau-Mehrkosten bei Passivhäusern amortisieren sich

Damit ein Passivhaus seine Vorteile effizient ausspielen, eine konventionelle Heizung überflüssig machen und nahezu nur mithilfe einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für angenehme Temperaturen in den Innenräumen sorgen kann, ist eine bestimmte Konstruktionsweise erforderlich.

In der Regel ist der Bau von einem Passivhaus mit mehr Kosten verbunden als die Errichtung eines konventionellen Hauses, da die einzelnen Komponenten – Wärmedämmung, Fenster, Lüftungsanlage, Luftdichtheit der Gebäudehülle, Vermeidung von Wärmebrücken – von sehr hoher Qualität sein müssen, damit das Funktionsprinzip aufgeht. Doch im Hinblick auf die Energiekosten, die eingespart werden, amortisiert sich die Investition in ein Passivhaus über die Jahre. Zudem tragen die hochwertige Bauweise und die hohe Qualität der einzelnen Komponenten zum Werterhalt der Immobilie bei.

 

Interessant zu wissen Gut zu wissen: Im Programm „Energieeffizient Bauen“ fördert die KfW Bankengruppe den Bau von einem Passivhaus mit einem zinsgünstigen Kredit plus Tilgungszuschuss. Je besser der Energiestandard ist, desto höher fällt der Zuschuss aus, beträgt maximal jedoch 15.000 Euro pro Bauvorhaben. Bauherren, die eine Bestandsimmobilie energieeffizient sanieren und auf das Niveau eines Passivhauses heben möchten, können im Rahmen des Programms „Energieeffizient Sanieren“ einen zinsgünstigen Kredit oder die Bezuschussung von Einzelmaßnahmen beantragen. Darunter fallen beispielsweise der Einbau einer Lüftungseinlage, die Wärmedämmung von Wänden, Dächern und Kellerdecken sowie die Erneuerung der Fenster.

 

Die 5 Bauprinzipien im Detail

Nur wenn bestimmte Konstruktionsmerkmale erfüllt werden, kann eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung die Heizung in einem Gebäude nahezu ersetzen und es auf den Energiestandard Passivhaus setzen. Beim Bau liegt das Augenmerk insbesondere auf diesen fünf Aspekten:

  • Wärmedämmung: Die Einhaltung eines Wärmedurchgangskoeffizienten von unter 0,15 Watt pro Quadratmeter betrifft alle lichtundurchlässigen Bauteile der Außenhülle wie Dach, Kellerwände und Fundament. Die sehr gute Wärmedämmung bewirkt, dass die Wärme, die von den Bewohnern in einem Passivhaus und ihren elektronischen Haushaltsgeräten erzeugt wird, nicht entweicht und zu einem großen Teil zurückgewonnen werden kann.
  • Luftdichtheit: Eine dichte Gebäudehülle ist neben der Wärmedämmung ein weiterer wichtiger Punkt bei der Konstruktion der Wände in einem Passivhaus, denn jegliche Wärmeverluste gilt es, zu vermeiden oder zumindest weitgehend zu minimieren. Nur dann kann die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ihr Potenzial voll ausschöpfen. Getestet wird die Luftdichtheit mit Unter-/Überdruck von 50 Pascal, wobei der Wert für die Luftdurchlässigkeit kleiner als 0,6 h-1sein sollte.
  • Fenster: Die Fenster in einem Passivhaus sowie die Rahmen tragen eine große Verantwortung. Damit die Wärmeenergie aus den Innenräumen nicht entweichen kann, sollte der Wärmedurchgangskoeffizient des Fensters und der Verglasung unter 0,80 Watt pro Quadratmeter liegen. In einem Passivhaus kommen in der Regel dreifach verglaste Fenster mit einem möglichst hohen Solarenergiedurchlassgrad zum Einsatz.
  • Wärmebrücken: Überall dort, wo zwei verschiedene Materialien aufeinander stoßen und wo es Anschlüsse, Durchdringungen, Kanten oder Ecken gibt, muss bei der Bauausführung besonders viel Sorgfalt an den Tag gelegt werden, damit keine Wärmebrücken entstehen. Ist eine komplette Vermeidung von beispielsweise konstruktiv bedingten Wärmebrücken nicht möglich, muss ihre Wärmedurchlässigkeit so gut es geht reduziert werden.
  • Lüftungsanlage: Eine kontrollierte Wohnraumlüftung sorgt in einem luftdichten Gebäude wie zum Beispiel einem Passivhaus für die regelmäßige Zufuhr von Frischluft. Damit sie zusätzlich zur Qualitätssicherung der Raumluft die Wärme aus der Abluft gewinnen kann, muss sie mit einer effizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet sein. Die Lüftungsanlage ist das A und O in einem Passivhaus.

 

Vor- und Nachteile eines Passivhauses auf einen Blick

 Vorteile  Nachteile
Weniger Heizkosten Höhere Bau- beziehungsweise Investitionskosten
Weitgehende Unabhängigkeit von Preissteigerungen für Energie Einschränkungen bei der individuellen Gestaltung der Bauweise
Gesundes Raumklima, auch wenn die Fenster nicht geöffnet werden Raumluft kann im Winter als trocken empfunden werden
Konstante Innenraumtemperaturen Keine fühlbare Erwärmung der Räumlichkeiten
Aktiver Beitrag zum Umweltschutz Stromausfall lässt Lüftungsanlage stillstehen

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